Durch die Zusammenführung des Blogs und meiner persönlichen Homepage sind die alten Seiten des Blogs verloren gegangen. Um zumindest eine von ihnen zu retten, in die ich viel Arbeit hinein gesteckt habe, veröffentliche ich sie hiermit als Beitrag.
Eine Auswahl besonders zum Nachdenken anregender Buchempfehlungen zu den Themen dieses Blogs.
Umwelt-/Naturschutz:
- Pamela Ronald & Raoul Adamchak Tomorrow’s Table: Organic Farming, Genetics, and the Future of Food (2008): wer denkt, grüne Gentechnik sei mit Nachhaltigkeit unvereinbar, sollte unbedingt dieses Buch lesen. Mich hat es vom Gegenteil überzeugt.
- Ken Thompson Where Do Camels Belong? The Story and Science of Invasive Species (2014): ein sehr gut geschriebenes, klar argumentiertes und wissenschaftlich unterfüttertes Buch, das sich gegen die sog. Invasionsbiologie bzw. gegen die Idee, „nicht-heimische“ Arten wären etwas Schlechtes, wendet.
- Mark Lynas The God Species: How Humans Really Can Save the Planet (2012): ein Buch, dessen Hauptbotschaft ich nicht zustimme, das mir aber enorm viel zu denken gab. Wie gehen wir mit der Welt um vor dem Hintergrund der eigenen technologischen Wirkmächtigkeit?
- Donald S. Maier What’s So Good About Biodiversity: A Call for Better Reasoning About Nature’s Value (2012): auch wenn es ruhig um etwa 1/4 kürzer sein könnte: ein extrem zum Nachdenken anregendes Buch über den Wert der Natur und häufige Missverständnisse und inkonsistente Ideen in diesem Kontext; sehr polemisch und z. T. besonders die Umweltökonomik karikierend, aber dennoch äußerst lesenswert.
- Elinor Ostrom Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action / Die Verfassung der Allmende (1991): lange Zeit galt der Grundsatz, öffentliche Umweltgüter seien nur zu schützen, indem man sie entweder privatisiert oder unter staatliche Kontrolle stellt. Ostrom zeigte, dass ein erfolgreiches Management natürlicher Ressourcen auch jenseits von Markt und Staat möglich ist.
- Partha Dasgupta Human Well-Being and the Natural Environment (2001): Wohlfahrtsökonomik + Umweltökonomik + Entwicklungsökonomik, alles recht neoklassisch angehaucht, aber dennoch mit einer gehörigen Dosis Bodenständigkeit und Vernunft.
Ökonomik:
- Julian Reiss Philosophy of Economics (2013): ein umfassender, differenzierter, kritischer Überblick über die philosophischen Grundlagen der Ökonomie; zzt. eines der ganz wenigen Bücher zu diesem Thema.
- Jonathan Aldred The Skeptical Economist: Revealing the Ethics Inside Economics (2009): ein umfangreicher Debunk der Behauptung, Ökonomik sei wertfrei, sowie ein Plädoyer für explizite Normativität.
- Mark Blaug Methodology of Economics (1992): eine Einschätzung der „Wissenschaftlichkeit“ der Mainstream-Ökonomik (sowohl generell als auch mit „Anwendungsbeispielen“, wie bspw. Verteilungstheorie oder Allgemeine Gleichgewichtstheorie) mit einer guten Einführung in die Grundlagen der Wissenschaftstheorie.
- Daniel Kahneman Thinking, Fast and Slow / Schnelles Denken, langsames Denken (2011): ein erschreckend–faszinierendes Buch über die Grenzen menschlicher Rationalität, die offensichtlich viel enger gezogen sind, als wir uns denken…
- Fred Hirsch Social Limits to Growth (1976): inspiriert von Thorstein Veblen, zeigt Hirsch in seinem Buch, wie positionaler Wettbewerb das Wachstum antreibt und wie sich dieses Wachstum daher nicht in Steigerung der Lebenszufriedenheit niederschlagen kann.
- Angus Deaton The Great Escape: Health, Wealth and the Origins of Inequality / Der große Ausbruch: Von Armut und Wohlstand der Nationen (2013): großartiges Buch über den enormen Fortschritt in materiellem Wohlstand und Gesundheit weltweit in den letzten 250 Jahren; die gleichwohl wachsende Ungleichheit; und die Ineffektivität von Entwicklungshilfe.
- Dani Rodrik The Globalization Paradox: Democracy and the Future of the World Economy / Der Globalisierungs-Paradox (2011): können wir nationalstaatliche Demokratie und wirtschaftliche Globalisierung gleichzeitig haben? Nach Rodrik nicht; vielmehr sieht er die Notwendigkeit, die Globalisierung zu beschränken, um Demokratie und Nationalstaaten zu retten. Auch für globale Nachhaltigkeit sehr interessant.
- Jared Diamond Guns, Germs and Steel: The Fates of Human Societies / Arm und Reich (1997): wieso haben sich unterschiedliche Gesellschaften sehr unterschiedlich (schnell) entwickelt? Im Gegensatz zu bspw. David Landes bietet Diamond eine Antwort an, die nicht bei kulturellen Unterschieden, die ihrerseits einer Erklärung bedürften, stehen bleibt.
Gesellschaft:
- Amartya Sen Identity & Violence: The Illusion of Destiny / Die Identitätsfalle (2006): gewissermaßen eine Antwort Sens auf Samuel Huntingtons These vom Kampf der Kulturen; auch im Kontext aktueller gesellschaftlicher Debatten ein sehr interessanter Ansatz.
- Harald Welzer Täter: Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden (2005): erschreckende Analyse des menschlichen Verhaltens in hermetischen Gruppen unter extremen Bedingungen; besonders erleuchtend in Kombination mit Erich Fromms Anatomie der menschlichen Destruktivität.
- Zygmunt Bauman Liquid Modernity / Flüchtige Moderne (2000): eine großartige Analyse der modernen Demokratie und des postindustriellen Kapitalismus.
- Paul Scheffer Die Eingewanderten: Toleranz in einer grenzenlosen Welt (2007; Deutsch 2008): ein sehr ausgewogenes, tiefgründiges Buch über Probleme der Migration, die bessere Alternative zu Thilo Sarrazin; mit einer sehr aufklärenden historischen Perspektive.
- Alvin Toffler Future Shock / Der Zukunftsschock (1970): eine sehr treffende und weiterhin aktuelle Beschreibung menschlicher und gesellschaftlicher Zukunftsängste in einer sich immer schneller verändernden Welt.
Philosophie:
- Amartya Sen The Idea of Justice / Die Idee der Gerechtigkeit (2009): in seinem magnum opus vereint Sen die Sozialwahl-Theorie, seinen capability-Ansatz, Rawls’sche, Kant’sche und utilitaristische Ethik mit Adam Smith’ Morallehre. Das Ergebnis ist mehr als lesenswert.
- Józef Niżnik, John T. Sanders (Hrsg.) Debating the State of Philosophy: Habermas, Rorty, Kołakowski (1996): Was ist Wahrheit? Was ist Vernunft? Woher wissen wir, was moralisch richtig ist? Eine großartige, inspirierende Debatte zwischen Titanen der modernen Philosophie.
- Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns (1981) und Faktizität und Geltung (1992): man braucht für diese Klassiker der Sozialphilosophie definitiv einen langen Atem, aber es lohnt sich – die Analyse der „Hypertrophien“ der Moderne als Spannungen zwischen Lebenswelt und System (TdkH) sowie der Entwurf einer deliberativ basierten, aber dennoch repräsentativen Demokratie (FuG) sind inspirierend.
- Hartmut Rosa Resonanz: Eine Soziologie der Weltbeziehung (2016): eine erstaunlich überzeugende Analyse der Wurzeln von Entfremdungserfahrungen in der „beschleunigten“ Moderne; praktische Implikationen lassen zu wünschen übrig, aber der theoretische Gehalt, auch als Grundlage für weitere (empirische) Forschungen, ist sehr hoch. Besonders empfehlenswert zusammen mit Rahel Jaeggis Entfremdung: Zur Aktualität eines sozialphilosophischen Problems.
- John Stuart Mill On Liberty / Über die Freiheit (1859): im 19. Jahrhundert revolutionär, heutzutage weiterhin aktuell; ein mächtiges Pamphlet für individuelle Freiheit.
Und wer eher an Belletristik interessiert ist, wird hier fündig.