Degrowth, Moderne und liberale Demokratie

Wachstumskritik ist immer auch Moderne-Kritik. Und Kritik an der Moderne muss zwar nicht, kann aber mitunter auch Kritik an liberaler Demokratie und der „offenen Gesellschaft“ (sensu Popper) sein. Dies trifft auch auf Degrowth zu, dessen Verhältnis zu liberaler Demokratie oft unklar ist. Doch wenn (berechtigte) Moderne-Kritik in Demokratieskepsis abrutscht, droht sie, sehr schnell ihre eigenen Ziele zu untergraben.Weiterlesen »

Nach uns die Sintflut? Degrowth und die Suche nach Alternativen jenseits des Wachstumsparadigmas

Der folgende Text basiert auf einem Vortrag, den ich am 5. April 2018 im Rahmen des jährlichen Kongresses von ND Christsein.Heute in Dresden gehalten habe. Er wird in der Zeitschrift des Verbandes, „Hirschberg“, erscheinen.

1972 war ein besonderes Jahr. Zum einen erschien der vielbeachtete und bis heute diskutierte Bericht des Club of Rome Grenzen des Wachstums, in dem ein systemtheoretisch inspiriertes Modell genutzt wurde, mithilfe dessen die Möglichkeit dauerhaften Wirtschaftswachstums untersucht (und verneint) wurde. Zum anderen veröffentlichten zwei angesehene Vertreter des ökonomischen Mainstreams, William Nordhaus und James Tobin ein Diskussionspapier, in dem sie aus ähnlichen Erwägungen, obgleich mit anderen Methoden, fragten: Ist Wachstum obsolet?1 Die Debatte darüber, ob dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit Nachhaltigkeit vereinbar ist, bricht seitdem nicht ab. Angesichts der sich mehrenden Anzeichen, dass die Menschheit sich sog. Planetaren Grenzen2 gefährlich nähert bzw. manche womöglich schon überschritten hat (durch Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt etc.), werden Stimmen immer lauter, die eine Abkehr vom „Wachstumsparadigma“ fordern. Viele dieser Stimmen haben sich in den letzten Jahren in der Degrowth-Bewegung vereint.

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Mehr Technologie, weniger Ideologie

Wenn man sich die Welt um uns herum ansieht, kann man schon verzweifeln. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass wir gravierende ökologische und soziale Probleme haben, global wie lokal. Und trotz der jahrelangen Versuche von degrowth und ähnlichen Bewegungen, den reicheren Teil der Menschheit zum Umdenken, zu weniger Konsum, mehr Subsistenz und Suffizienz zu bewegen, sieht man keine großen Fortschritte. Rhetorisch sind alle dafür, umweltverträglicher zu leben, angefangen mit der „Klimakanzlerin“ Angela M. Aber sobald es um die Praxis geht, sieht es dünn aus, und alsbald irgendjemand in Griechenland oder sonst wo Mist baut, vergessen alle sofort das Klima, die Biodiversität, das Trinkwasser und die Wale. Es ist schwierig, vor diesem Hintergrund nicht desillusioniert zu sein und nicht an der Möglichkeit einer kulturellen Nachhaltigkeitstransformation zu zweifeln. Aber vielleicht gibt es einen anderen Weg? Einen schmerzloseren? Wie wär’s mit technologischen Lösungsansätzen?Weiterlesen »

Das andere Wachstumsdilemma – „schrumpfen oder ignorieren?“

Das derzeitige ökonomische System, einschließlich der dazugehörigen Konsumkultur, ist nicht nachhaltig. Egal, ob wir ökologische, soziale oder finanzielle Nachhaltigkeit im Sinn haben – die Diagnose ist relativ unkontrovers. Irgendwas muss sich ändern. Es sind die Therapievorschläge, die Kontroversen erwecken. Entkopplung, d.h. Effizienz und eventuell Konsistenz, sagen die Einen. Degrowth, d.h. Schrumpfung, Suffizienz und Subsistenz, sagen die Anderen. Und dann gibt es noch solche, wie z. B. Jeroen van den Bergh oder mich, die meinen, dass Entkopplung zwar eine naive Utopie ist, aber degrowth/Schrumpfung auch kein sinnvoller Ansatz, weil auch hier BIP-Wachstum fetischisiert wird, bloß unter umgekehrten Vorzeichen. Ich setze an dieser Stelle voraus, dass Entkopplung zu unwahrscheinlich ist, als dass man vernünftigerweise alles auf ihre Karte setzen könnte, und möchte mich der Frage widmen: schrumpfen oder ignorieren?Weiterlesen »

Kapitalismus und Postwachstum – ein Widerspruch?

Man könnte sagen, es ist die Gretchen-Frage der Postwachstums-/degrowth-Bewegung: wie hat sie es mit dem Kapitalismus? Da diese Bewegung in sich äußerst heterogen ist, sind auch die Antworten sehr unterschiedlich. Da gibt es marxistisch angehauchte Aktivisten, oft Lateinamerikaner, die den Kapitalismus strikt ablehnen, z.B. unter der Fahne des Post-Extraktivismus. Andere scheuen die Begebung in die seichten Gewässer der (Anti-)Kapitalismus-Debatten und halten sich bezüglich der Gretchen-Frage explizit zurück (so z.B. Tim Jackson). Und es gibt sicherlich auch welche, die Kapitalismus und Postwachstum für vereinbar halten, auch wenn ich persönlich noch keinem über den Weg gelaufen bin. Aber: ist diese Frage überhaupt relevant? Und wie lautet denn die Antwort auf sie?Weiterlesen »

Einige Kontroversen zur Weihnachtszeit

Um das Weihnachtsloch zu überbrücken, bemüht man oft diverse best-of-Listen. Im ähnlichen Sinne möchte ich heute meine Meinung(en) zu ein paar kontroversen Themen zusammenfassen, über die ich auf dem Vorgänger dieses Blogs geschrieben habe. Gleichzeitig wäre damit die „ideologische Ausrichtung“1 des Letzteren skizziert, was vielleicht dem einen oder anderen Leser die Orientierung erleichtert.Weiterlesen »