Wissenschaftliche Evidenz in den Medien: Eine Fallstudie

Wir haben oft den Anspruch, in Diskussionen – privat, professionell und dazwischen – „evidenzbasiert“ zu argumentieren, was in der Regel die Berufung auf konkrete wissenschaftliche Evidenz impliziert. Dieser Anspruch gilt auch in Print- und Onlinemedien, wo regelmäßig wissenschaftliche Studien besprochen, interpretiert und eingeordnet werden. Das funktioniert mal schlechter, mal (seltener) besser. Ist zugegebenermaßen auch nicht einfach. Und als Leser:in hat man umso größere Schwierigkeiten, das Gelesene einzuordnen…

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Wertfreie Nachhaltigkeitsforschung? Forschung und Wissenschaftskommunikation in einem normativ aufgeladenen Feld

„Follow the science!“ hört man in Nachhaltigkeitsdebatten immer wieder. Auch wenn diese Phrase viel Interpretationsspielraum zulässt, ist eine häufig geäußerte Kritik, dass die Wissenschaft hier einen normativen Anspruch erhebe, sozusagen die „Marschrichtung“ für gesellschaftliche Entscheidungsprozesse vorgeben zu wollen. Was wiederum zu Rufen nach „ideologiefreier“ Forschung (und Wissenschaftskommunikation) führt. Da ich mich mit meiner Forschung und Wissenschaftskommunikation in einem besonders normativ aufgeladenen Feld bewege, dem der „nachhaltigen Landwirtschaft“, dazu auch noch sozialwissenschaftlich, muss ich mir die Frage immer wieder stellen, wie viel Normativität für mich „zulässig“ oder gar unvermeidbar(?) ist und in welcher Form.

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Klimaanpassung als Gelegenheitsfenster für multifunktionale Agrarlandschaften

Standpunkt im Tagesspiegel Background Agrar & Ernährung, 31.5.2024

Die Dürren der letzten Jahre, beginnend 2018, demonstrierten eindrucksvoll die bereits jetzt spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf Agrarökosysteme und damit auf die Landwirtschaft. Neben Trockenheit haben landwirtschaftliche Betriebe zunehmend mit Hitzestress, Verschiebungen in Vegetationsperioden und Niederschlagsmustern, neuen Schädlingen und Krankheiten sowie einem gestiegenem Erosionsrisiko durch Wind und Wasser zu kämpfen.

Unabhängig von etwaigen gesteigerten Ambitionen in der Klimapolitik (die sich aktuell nicht abzeichnen) kommt die Landwirtschaft in Deutschland nicht umhin, sich an die bereits jetzt bemerkbaren Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Weitermachen wie bisher ist nicht im Interesse der Betriebe, wofür es auch ein steigendes Bewusstsein zu geben scheint.

Nun haben Betriebe viele verschiedene Anpassungsoptionen zur Auswahl. Neben technischen Maßnahmen wie Bewässerung oder höhere – oder im Sinne des Precision Farming, gezieltere – Anwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln geht es bei den meisten um verschiedene Formen der Versicherung. Dabei kann man zwischen finanzieller, natürlicher und sozialer Versicherung unterscheiden.

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Hain der Gedankenexperimente

Ich bin Sozialwissenschaftler aus Überzeugung. Sogar in meiner Freizeit lese ich bevorzugt Bücher, die sozialwissenschaftliche Themen berühren – seien es historische Abhandlungen über das Funktionieren der Gesellschaft des Dritten Reichs, long-form-Reportagen des polnischen Verlags Czarne, bevorzugt über Südosteuropa oder… Science Fiction. Über den sozialwissenschaftlichen Wert von Büchern, die Science Fiction zugeordnet werden, schrieb ich bereits vor einer Weile. Heute möchte ich über das Werk einer konkreten Autorin schwärmen, die es mir in dieser Hinsicht ganz besonders angetan hat: Ursula K. Le Guin.

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Transformation und Utopien in einer komplexen Welt

Gesellschaftliche Debatten sind heutzutage voller expliziter Wünsche nach transformativem Wandel. Viele von ihnen betreffen verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit, den generellen Wunsch, die Gesellschaft in einen Zustand zu transformieren, in dem sie ohne fossile Ressourcen auskommt, in dem die Biodiversität nicht mehr schwindet – und in dem es mehr Menschen gleichermaßen gut geht. Mit diesem Wunsch gehen oft mehr oder minder konkrete Vorstellungen einher, wie der erwünschte gesellschaftliche Zustand auszusehen hat – es sind Zukunftsbilder oder Utopien. Die Frage stellt sich: Sind solche Zukunftsbilder sinnvoll oder gar hilfreich?

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Wohin mit der Agrarwende?

Ich habe meine Skepsis gegenüber Utopien schon mal hier diskutiert. Nun bewege ich mich in einem Feld – der Nachhaltigkeitsforschung –, in dem Utopien eine größere Rolle spielen, als mir manchmal lieb wäre. Das betrifft auch mein eigenes Forschungsobjekt, die (nachhaltige) Landwirtschaft, in deren Kontext „Agrarwende“ ein häufig verwendeter Begriff ist – die einen finden sie notwendig, die anderen halten sie für einen gefährlichen Kampfbegriff. Ohne mich auf eine der beiden Seiten zu schlagen, möchte ich hier fünf Probleme skizzieren, die ich in den Debatten über die Agrarwende sehe. Dabei werde ich mich auf die Debattenseite fokussieren, die den Begriff nicht grundsätzlich ablehnt – insbesondere die häufigen Versuche, Zukunftsvisionen für eine nachhaltige Landwirtschaft zu skizzieren.

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Das Greenpeace-Dilemma

Nein, dies ist kein Beitrag speziell über Greenpeace. Die Organisation ist ein besonders prominentes Beispiel für das Phänomen, dem ich mich widmen möchte, und wir haben eine Geschichte miteinander – doch ist Greenpeace mitnichten das einzige Beispiel für das besagte Phänomen. Ganz im Gegenteil, das Phänomen ist in der Umweltbewegung recht verbreitet. Es ist die Tendenz, Umweltprobleme unzulässig zu vereinfachen, damit die eigene Botschaft eine Chance hat, in der breiten Öffentlichkeit anzukommen.

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