Wahre Preise von Lebensmitteln?

Wahre Preise (auch true costs oder hidden costs genannt) von Lebensmitteln sind gerade en vogue. Der 2023er Bericht der FAO zum State of Food and Agriculture trug den Untertitel Revealing the true costs of food to transform agrifood systems. Bereits ein paar Jahre zuvor veröffentlichte die prominente TEEB-Initiative (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) mehrere Berichte unter dem Namen TEEBAgriFood, die einen ähnlichen Fokus hatten. Deutlich öffentlichkeitswirksamer (und teils kontrovers) hingegen war die Aktion der Discounter-Kette Penny im Sommer ’23, wo eine Woche lang für ausgewählte Produkte „wahre Preise“ abgerufen wurden. Aber wofür ist dieser Ansatz eigentlich gut?

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Wertfreie Nachhaltigkeitsforschung? Forschung und Wissenschaftskommunikation in einem normativ aufgeladenen Feld

„Follow the science!“ hört man in Nachhaltigkeitsdebatten immer wieder. Auch wenn diese Phrase viel Interpretationsspielraum zulässt, ist eine häufig geäußerte Kritik, dass die Wissenschaft hier einen normativen Anspruch erhebe, sozusagen die „Marschrichtung“ für gesellschaftliche Entscheidungsprozesse vorgeben zu wollen. Was wiederum zu Rufen nach „ideologiefreier“ Forschung (und Wissenschaftskommunikation) führt. Da ich mich mit meiner Forschung und Wissenschaftskommunikation in einem besonders normativ aufgeladenen Feld bewege, dem der „nachhaltigen Landwirtschaft“, dazu auch noch sozialwissenschaftlich, muss ich mir die Frage immer wieder stellen, wie viel Normativität für mich „zulässig“ oder gar unvermeidbar(?) ist und in welcher Form.

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Sind Agrarsubventionen umweltschädlich?

In den letzten Jahren mehren sich die Rufe nach Abschaffung umwelt- bzw. klimaschädlicher Subventionen. Das ist angesichts der Umwelt- und Klimaziele, denen wir hinterherhinken, vermutlich auch berechtigt. Diese Forderung geht oft einher mit sehr großen Zahlen, wie viel Subventionen denn als umweltschädlich zu klassifizieren sind (vorweg eine technische Anmerkung: ja, auch eine Steuererleichterung ist, ökonomisch gesprochen, eine Subvention). Ein recht großer Posten, der da immer wieder auftaucht: Agrarsubventionen, insb. all die Zahlungen, die landwirtschaftliche Betriebe im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erhalten. Es stellt sich daher die Frage: Sind diese tatsächlich als umweltschädlich zu klassifizieren? Die Antwort schon mal vorweg: Nein, sind sie nicht.

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Klimaanpassung als Gelegenheitsfenster für multifunktionale Agrarlandschaften

Standpunkt im Tagesspiegel Background Agrar & Ernährung, 31.5.2024

Die Dürren der letzten Jahre, beginnend 2018, demonstrierten eindrucksvoll die bereits jetzt spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf Agrarökosysteme und damit auf die Landwirtschaft. Neben Trockenheit haben landwirtschaftliche Betriebe zunehmend mit Hitzestress, Verschiebungen in Vegetationsperioden und Niederschlagsmustern, neuen Schädlingen und Krankheiten sowie einem gestiegenem Erosionsrisiko durch Wind und Wasser zu kämpfen.

Unabhängig von etwaigen gesteigerten Ambitionen in der Klimapolitik (die sich aktuell nicht abzeichnen) kommt die Landwirtschaft in Deutschland nicht umhin, sich an die bereits jetzt bemerkbaren Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Weitermachen wie bisher ist nicht im Interesse der Betriebe, wofür es auch ein steigendes Bewusstsein zu geben scheint.

Nun haben Betriebe viele verschiedene Anpassungsoptionen zur Auswahl. Neben technischen Maßnahmen wie Bewässerung oder höhere – oder im Sinne des Precision Farming, gezieltere – Anwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln geht es bei den meisten um verschiedene Formen der Versicherung. Dabei kann man zwischen finanzieller, natürlicher und sozialer Versicherung unterscheiden.

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Investitionsförderung für nachhaltige Landwirtschaft und Quersubventionierung von Großkonzernen

In zwei aktuellen Texten (hier und da) habe ich mich für die verstärkte Nutzung von Investitionsförderung ausgesprochen als einem Instrument, das die Transformation der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit bzw. Multifunktionalität unterstützen kann. Gestern beim Vortrag von Robert Finger (ETH Zürich) am UFZ kam die Diskussion ebenfalls auf Investitionsförderung im Kontext der Nachhaltigkeitspotenziale der Digitalisierung. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob man mit Investitionsförderung nicht am Ende „Agrarmultis“ wie bspw. Bayer quersubventioniert. Und ich habe mich gefragt, ob das schlimm wäre.

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Transformation und Utopien in einer komplexen Welt

Gesellschaftliche Debatten sind heutzutage voller expliziter Wünsche nach transformativem Wandel. Viele von ihnen betreffen verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit, den generellen Wunsch, die Gesellschaft in einen Zustand zu transformieren, in dem sie ohne fossile Ressourcen auskommt, in dem die Biodiversität nicht mehr schwindet – und in dem es mehr Menschen gleichermaßen gut geht. Mit diesem Wunsch gehen oft mehr oder minder konkrete Vorstellungen einher, wie der erwünschte gesellschaftliche Zustand auszusehen hat – es sind Zukunftsbilder oder Utopien. Die Frage stellt sich: Sind solche Zukunftsbilder sinnvoll oder gar hilfreich?

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Diversität auf dem Acker geht nicht ohne Diversität auf dem Teller

An die Landwirtschaft werden hohe Anforderungen gestellt. Neben ihrer traditionellen Rolle als Quelle von Lebensmitteln soll sie auch Rohstoffe für die Bioökonomie (Bioenergie, Biomaterialien) liefern, zum Biodiversitäts- und Klimaschutz beitragen, die Gewässer sauber halten, Kulturlandschaften erhalten und pflegen. Mit anderen Worten: sie soll multifunktional werden. Und das alles, während sie mit Klimawandelfolgen, insbesondere Trockenheit, zurecht kommen muss. Eine zentrale Rolle spielen hierbei Fruchtfolgen, also die Abfolge verschiedener Pflanzen (Feldfrüchte), die auf einem Acker über die Jahre wachsen. Doch damit die Fruchtfolgen diverser werden können, muss sich das Konsumverhalten ändern.

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