Wer trägt Verantwortung für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft?

Dies ist der erste von erstmal zwei, mittelfristig aber wohl mehreren Beiträgen, in denen ich ausgewählte Ergebnisse aus einer größeren Umfrage präsentiere, die wir kürzlich im Rahmen von BonaRes durchgeführt haben.

Das erste kleine Teilergebnis, das ich vorstellen möchte, betrifft die folgende Frage:

In den Debatten um eine nachhaltige Ausrichtung der Landwirtschaft geht es oft darum, wer die Verantwortung hat. Was denken Sie, wer von diesen Akteursgruppen hat wie viel Verantwortung für die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, z. B. für den Bodenschutz?

Die vollständig formulierten Antwortmöglichkeiten waren (jede sollte auf einer Skala von „Sehr wenig“ bis „Sehr hoch“ bewertet werden):

  • Die Politik, die die Rahmenbedingungen setzt
  • Die Konsument*innen, die durch ihre Nachfrage und Zahlungsbereitschaft steuern, was und wie landwirtschaftliche Betriebe produzieren
  • Der Lebensmitteleinzelhandel, der durch seine Preissetzung und Werbung bestimmt, was nachgefragt und produziert wird
  • Die landwirtschaftlichen Betriebe, die Lebensmittel produzieren

Und hier haben wir die Ergebnisse:

Zur Interpretation: die Balken sind alle um die Mitte der mittleren Antwortmöglichkeit (Teils-teils) zentriert; die Zahlen an der x-Achse geben den prozentualen Anteil des jeweiligen Balkenbereichs an (summiert rechts und links der 0: 100%). Die Zahlen am rechten Rand geben die Summe der abgebildeten Antworten an.

Die Studie wurde online an einer repräsentativen, deutschlandweiten Stichprobe von 1500 Befragten im Juli 2021 durchgeführt. Über 80% der Befragten wohnen in städtischen Gebieten; weniger als 15% haben eine direkte Beziehung zur Landwirtschaft (gemessen über die Frage, ob man selbst oder jemand in der Familie in der Landwirtschaft tätig ist).

Auffällig ist zunächst, dass den landwirtschaftlichen Betrieben relativ die geringste Verantwortung zugeschrieben wird. Weitere ähnlich gelagerte Fragen (z. B. nach der Zustimmung für die Aussage, dass „Die Kosten [nachhaltigen Managements] von den landwirtschaftlichen Betrieben selbst übernommen werden“ sollten) zeigen in eine ähnliche Richtung und widersprechen dem, wie landwirtschaftliche Akteure die Einstellung zur Landwirtschaft in der Bevölkerung wahrzunehmen scheinen. Die hohe Bewertung der Verantwortung der „Politik“ deutet darüber hinaus auf einen Wunsch nach kollektiven Lösungen hin.

2 Gedanken zu “Wer trägt Verantwortung für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft?

  1. Wie oben bereits erwahnt, ist es zu einfach, die Verantwortung fur Nachhaltigkeit und Multifunktionalitat nur auf Landwirt*innen bzw. die Produktionsseite abzuwalzen. Es ist notwendig, Agrarumweltpolitik in einen breiteren politischen Rahmen einzubetten, der insbesondere Konsum- und Handelspolitik umfasst. Auch sollte mittel- bis langfristig mit der Schaffung eines Rahmens geplant werden, der zumindest einen Teil der umweltschonenden Bewirtschaftung „dem Markt uberlassen“ konnte, statt Landwirt*innen (und die Umwelt) auf immer und ewig an staatliche Forderung zu binden. Dafur muss bedacht werden, welchen Einschrankungen ihres Handlungsspielraums Landwirt*innen ausgesetzt sind, die eigentlich mehr Multifunktionalitat anstreben wurden, von externen Faktoren (Marktpreise, Vermarktungsoptionen und -infrastruktur) aber daran gehindert werden.

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    • Danke für den Kommentar, dem ich weitgehend zustimmen kann. Zum Thema Handlungsspielraum gibt es eine exzellente von mir betreute Master-Arbeit, deren Ergebnisse hoffentlich bald veröffentlicht werden (ich werde dann hier berichten). Einzig beim „dem Markt überlassen“ bin ich nicht so sicher… Das wird von vielen Akteur:innen in der Tat gefordert und macht prima facie auch Sinn. Da es sich aber um öffentliche Güter handelt, bin ich nicht sicher, wie das genau zu bewerkstelligen wäre. Zertifikate & Siegel wären eine Option, aber diese stoßen sehr schnell an Grenzen. Aber eine dauerhafte Abhängigkeit von staatlicher Förderung halte ich ebenfalls für problematisch, schon allein, weil der Wind alle vier Jahre ggf. aus einer anderen Richtung zu wehen beginnt…

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